Sonntag, 29. März 2015

[Rezension] Helen Fielding: "Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück"

Titel: "Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück"
Originaltitel: "Bridget Jones's Diary" (1996)
Autor: Helen Fielding
Verlag: Goldmann Verlag
Erscheinungsjahr: 1999
Format // Preis: Taschenbuch (9,99€) // Kindle-Edition (8,99€)
Seiten: 352




1. "Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück" (1999)
2. "Bridget Jones – Am Rande des Wahnsinns" (2002)
3. "Bridget Jones – Verrückt nach ihm" (2014)




Willkommen im chaotischen und turbulenten Alltag von Bridget Jones, einer jungen Frau Mitte dreißig, die als Lektorin für einen Verlag arbeitet und die sich für das kommende Jahr gleich mehrere große Ziele gesetzt hat: Das Rauchen und das Trinken auf ein Minimum zu verringern, gegen ihre überflüssigen Pfunde anzukämpfen, mehr auf ihren Lebensstil zu achten und endlich die große Liebe zu finden. Denn, von all ihren kleinen Lastern angesehen, ist dieses ihr größtes Manko: Sie ist immer noch Single. So kommt es regelmäßig zu Krisensitzungen mit ihren besten Freundinnen Jude und Shazzer sowie ihrem schwulen Freund Tom, die ihr in allen schwierigen Lebenslagen stets mit Tipps zur Seite stehen und nicht müde werden, ihr zu versichern, dass die emanzipierte Frau von heute auf die ganzen „Flachwichser“ da draußen gut verzichten kann.
Doch auch Bridgets Eltern ist der lottrige und ziellose Alltag ihrer Tochter ein Dorn im Auge, der sich ihrer Meinung nach nur mit einem selbstbewussten, gut situierten (soll heißen: am besten im Geld schwimmenden) Mann wieder in Einklang bringen lässt. So muss Bridget zu Weihnachten erneut die Verkupplungsversuche ihrer Mutter über sich ergehen lassen, die sich dafür Mark Darcy ausgesucht hat - einen Staranwalt, jedoch grauenhaft gekleidet, der zudem an Bridget ebenso wenig interessiert zu sein scheint wie sie an ihm. Aber das macht nichts, schließlich gibt es da noch Daniel, ihren Chef im Verlag, der pünktlich zum neuen Jahr alle guten Vorsätze von Bridget über den Haufen wirft und sie dennoch Hoffnung schöpfen lässt, nicht (wie in ihren schlimmsten Vorstellungen) irgendwann allein zu sterben und als Leiche von ihrem Hund angeknabbert zu werden. Doch ist Daniel wirklich der perfekte Mann fürs Leben oder gehört auch er in die „Flachwichser“-Sparte?




Ich muss zugeben, dass ich am Anfang nicht sicher war, ob die Welt wirklich (noch) eine Rezension über das Tagebuch der Bridget Jones braucht. Denn mal ehrlich - Wer kennt sie nicht? Wenn man schon nicht das Buch gelesen hat, so hat man doch wenigstens die Filme mit Renée Zellweger gesehen, die sich sehr nah an den Romanvorlagen orientieren. Gibt es überhaupt noch Menschen wie mich, die den Roman auch fast zwanzig Jahre nach seinem Erscheinen immer noch nicht gelesen haben und das gerne nachholen würden?
Vermutlich schon, aber viele werden es nicht sein. Deswegen hoffe ich, mit dieser Rezension auch die Leute zu erreichen, die Bridget Jones - egal ob durch den Roman oder den Film - bereits kennen und die sich nun an ihre Zeit mit Bridget erinnert fühlen. Ob die Geschichte gut oder schlecht ist, sei dabei erstmal dahingestellt, fest steht nur, dass Bridget Eindruck hinterlassen hat. Nicht umsonst gilt die Verfilmung als der Frauenfilm schlechthin, um den man nur schwer herumkommt, wenn man dieses Genre mag.

Nun aber zu meiner Meinung, die ich mit einem Hinweis beginnen möchte: Wie bereits erwähnt, erschien der Roman im Jahre 1996 (auf englisch) und so sollte man ihn auch lesen. Man kann ihn nicht einfach mit der heutigen Zeit gleichsetzen. Das hört sich logisch an, aber mir selbst ist es stellenweise schwer gefallen, vor allem wenn es in den Diskussionen zwischen Bridget und ihren Freundinnen um die Männerwelt und die (ihrer Meinung nach noch nicht vollzogene) weibliche Emanzipation ging. Die heutigen Frauen sind in dieser Hinsicht viel erwachsener, reifer und vor allem mit einem weitaus differenzierteren Blick über den Tellerrand ausgestattet als die im Buch beschriebenen Charaktere. Im Jahr 1996 mögen die Überlegungen der Frauen noch zeitgemäß sein, doch zwischenzeitlich sind sie längst überholt.
Und genau deswegen ist Bridget Jones auch nicht das einfältige Schübchen, als das sie immer beschrieben wird. Sie ist ganz einfach eine typische Frau ihrer Zeit, die ihren Platz in der Gesellschaft noch nicht gefunden hat und durch ihre chaotische Art auch jemanden braucht, der ihr den Weg weist. Sie gehört zu jenen Singles, die sich immer wieder sagen, wie glücklich wie eigentlich mit ihrer Situation sind, um nicht in kompletter Verzweiflung und Selbstmitleid zu versinken. Und wie könnte sie auch anders sein mit einer Mutter, die jedes Körnchen Selbstvertrauen aus ihrer heraussaugt und ihr immer wieder zu Verstehen gibt, dass sie niemals glücklich werden wird, wenn sie ihr Leben nicht radikal umkrempelt? Innerlich zerrissen versucht Bridget einen Spagat zwischen dem, was ihr gefällt und womit sie sich wohlfühlt und ihrem von der Mutter entwickelten Wunschbild, um Ansehen zu gewinnen, hinreißende Dinnerpartys zu geben und gesellschaftlich aufzusteigen.
Ich konnte Bridgets Probleme und ihre Sorgen von Anfang an sehr gut nachvollziehen, auch wenn ich bei einigen ihrer Ziele und Schlussfolgerungen grinsen oder leicht genervt die Augen verdrehen musste. Dennoch ließen sich die einzelnen Kapitel, die jeweils einen Monat beschreiben, schnell durchlesen, weil der Schreibstil sehr flüssig und die Tagebucheinträge meistens knapp gehalten waren. Erst zum Schluss fügte die Autorin eine Prise Spannung hinzu, Bridgets Beiträge wurden länger und das Ende zunehmend absehbarer. Bis dahin flog ich als Leserin quasi von einem Kapitel zum nächsten und lernte die einzelnen Charaktere immer besser kennen. Die Geschichte verlief mal sprunghaft, mal plätscherte sie nur dahin, aber Helen Fielding versteht sich ausgezeichnet darauf, auch den ganz unspektakulären Alltag zu beschreiben, so dass ich dieses Buch ohne eine Leseflaute nach wenigen Tagen zu Ende gelesen hatte.
Mir persönlich hat der Ausgang der Geschichte allerdings nicht so gut gefallen, weil er für das bis dahin durchaus realistisch anmutende Tagebuch einfach viel zu abgehoben war. Er wirkte aufgesetzt und märchenhaft, was gar nicht zum bisherigen Verlauf der Handlung passte. Bis zu diesem Punkt konnte ich Bridgets Tagebucheinträge (die natürlich nicht objektiv waren) so annehmen, wie sie diese darstellte, doch zum Ende des Romans fiel es mir zusehends schwerer. Entweder hat Helen Fielding dieses Ende absichtlich so ausgearbeitet, als ob Bridget viele Details zu sehr beschönigt oder sie wollte krampfhaft ein passendes Ende unterbringen. Ich persönlich vermute letzteres.




Als ich mir dieses Buch geholt hatte, lag es gar nicht so lange auf meinem SUB, weil ich es unbedingt lesen wollte. Ich mag generell Romane, die aus der Ich-Perspektive oder in der Tagebuchform verfasst wurden, deswegen traf Bridget Jones genau meinen Geschmack. Da war es auch nicht schlimm, dass ich den Film schon kannte (zumindest auszugsweise; es ist Jahre her, seit ich den  Film zum letzten Mal gesehen habe), denn die ganzen witzigen Details aus Bridgets Leben sorgten für reichlich Abwechslung.
Ich habe schon geschrieben, dass ich Bridgets Verhalten gut nachvollziehen konnte; identifizieren konnte ich mich mit ihr jedoch nicht. Trotz der großen Lücke zwischen den Jahren 1996 und 2015, die ich mir immer wieder vor Augen führte, herrscht in Bridgets Leben nicht nur ein äußeres, sondern auch ein innerliches Chaos, das eher an einen pubertierenden Teenager als an eine gestandene Dreißigerin erinnert. Viele von Bridgets Charakterzügen sind liebevoll tollpatschig und deswegen auch liebenswert dargestellt, aber manche Dinge lassen mich verstehen, warum der richtige Mann noch auf sich warten lässt. Bridget dreht ihr Fähnchen immer nach dem Wind der anderen - seien es die Freundinnen, die uneinsichtige Mutter, die Ratschläge in der neuen Vogue-Ausgabe oder ihr Boss. Sie probiert sich an unterschiedlichen Diäten, versucht mit der Buddhismus-Philosophie ins Reine zu kommen, kann aber einfach nicht herausfinden, was ihr selbst wirklich gefällt. Sie ist ein Opfer der Konsum-Gesellschaft, die einem mit Tipps und Tricks zum inneren Gleichgewicht quasi überfluten, indem sie sich aus allen das Beste rausziehen und dieses dann in einem Artikel verpacken, der die unglücklichen Single-Frauen begeistern soll. So unterliegt Bridgets Leben einem ständigen Wandel, neue Diäten werden halbherzig begonnen und nach wenigen Tagen wieder abgeblasen, weil die neue Diät, die gerade alle ihre Freundinnen machen, doch mehr Erfolg verspricht. Und all das zieht sich auch durch ihr Tagebuch, bis sie sich mir als Charakter immer mehr entfremdete. Ich fühlte noch mit ihr, aber es fiel mir nicht leicht, weiterhin Verständnis für sie aufzubringen, weil sie alles mit großem Enthusiasmus beginnt, aber es nicht auf die Reihe bekommt, auch nur eine Sache mal anständig zu beenden. Ihr jugendhaftes Leben stellt eine Suche voller Anfänge dar, die in regelmäßigen Abständen wieder abgebrochen werden. Für die heutige Zeit scheint mir ein solcher Lebensstil nicht mehr authentisch, doch ich glaube, dass es damals viele unglückliche Singles wie Bridget gab, die sich mit dieser übertriebenen Darstellung ein wenig identifizieren konnten.




Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich die Grundidee dieser Geschichte nicht schlecht fand und den Roman innerhalb weniger Tage verschlungen habe. Ich hatte keine hohen Erwartungen und wusste auch, dass mir keine tiefgründigen Erkenntnisse der Protagonistin bevorstanden, da dieser Roman für mich in die Kategorie der lockeren, seichten Unterhaltung fällt. Allerdings erhoffte ich mir eine gewisse Entwicklung in Bridgets Leben, die deutlich macht, dass sie aus ihren Fehlern gelernt hatte und allmählich auch sich selbst akzeptieren konnte. Dieser innere Fortschritt blieb jedoch leider aus, denn Bridgets Leben blieb mir bis zum (sehr aufgesetzten) Ende ein Rätsel.
Möglicherweise findet dieser Wandel erst im zweiten oder dritten Band statt, aber das werde ich wahrscheinlich nicht herausfinden. So sehr mir Bridgets Tollpatschigkeit auch gefiel, der Roman selbst konnte mich letztlich nicht überzeugen, die Serie fortzusetzen.
Ich gebe dem Tagebuch der Bridget Jones deswegen drei von fünf Sternen.

★ ★ ★ ☆ ☆





1 Kommentar:

  1. Ich muss gestehen, der Roman zählt zu meinen Lieblingen, und ich habe ihn relativ zeitnah nach dem Erscheinen gelesen, noch bevor ich den Film gesehen habe, allerdings war das auch eine andere "Zeit" und ich glaube da war de Wahrnehmung auch anders als sie es jetzt ist.
    Trotzallem eine schöne Rezi von dir zu einem meiner Lieblingsbücher.

    LG Piglet <3

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