Donnerstag, 5. November 2015

[Rezension] Max Rhode: "Die Blutschule"

Titel: "Die Blutschule"
Autor: Sebastian Fitzek alias Max Rhode
Verlag: Bastei Lübbe
Erscheinungstag: 08.10.2015
Format // Preis: Taschenbuch: 12,99€ // E-Book: 9,99€
Seiten: 256




Von der Großstadt mitten in Einöde Brandenburgs - so sieht der sprichwörtliche Neuanfang für die Eltern des dreizehnjährigen Jungen Simon aus. Er und sein älterer Bruder Mark sind jedoch wenig davon begeistert, dass ihr Vater wieder an den Ort seiner Kindheit zurückkehren möchte und sie deswegen ihr vertrautes Umfeld verlassen müssen.
Simon ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass bereits die ersten Tage in der neuen Heimat sein Leben und das seiner Familie für immer verändern werden. Und dass er in Kürze gegen jemanden ankämpfen muss, den er nicht besiegen kann - seinen eigenen Vater ...




Na schön, dann beginne ich mal damit, den ganzen Irrsinn aufzuschreiben, so wie Dr. Frobes es mir empfohlen hat, obwohl ich bezweifle, dass es irgendeinen therapeutischen Nutzen haben wird, noch einmal dorthin zurückzukehren, wo die Angst wohnt, wenn auch nur gedanklich; zurück in das Baumhaus etwa oder in das Klassenzimmer, ach herrje, das Klassenzimmer, verdammt.




Als ehemalige "Fitzek-Skeptikerin" waren damals nur zwei Bücher nötig, um mich eines Besseren zu belehren:

1) "Der Nachtwandler", der mir zeigte, dass tatsächlich auch ein anderer Autor außer Stephen King eine subtile, bedrohende Horroratmosphäre schaffen kann und
2) "Passagier 23", der mich davon überzeugte, dass Fitzek nicht zu den Eintagsfliegen der deutschen Autorschaft gehört und mich auch mit einem komplett anderen Roman zu fesseln vermag.

Nachdem ich also mit diesen beiden Thrillern einige spannende und unheimliche Lesestunden verbracht hatte, war die Sache klar: Ich wollte mehr! Mehr von Fitzek! :D
Deswegen kam es mir gerade recht, dass am 26. Oktober 2015 sein neuer Roman "Das Joshua Profil" veröffentlicht werden sollte. Doch Fitzek wäre nicht Fitzek, wenn er sich nicht etwas Witziges einfallen lassen würde, um die Wartezeit zu verkürzen und das Interesse seiner Leser noch mehr anzuschüren: So kam es, dass Max Rhode, der Hauptprotagonist von "Das Joshua Profil" ein interessantes Eigenleben entwickelte und seinerseits einen Roman veröffentlichte: "Die Blutschule". Und damit sind wir schon beim Thema :)

Ich war unglaublich gespannt auf dieses Buch von Fitzek alias Max Rhode, weil ich das Konzept dahinter sehr einfallsreich fand und auch der Klappentext eine spannende Geschichte versprach. Und obwohl Fitzek, pardon Rhode, in diesem Fall sein Jagdrevier des Thrillergenres verlassen und sich mit "Die Blutschule" in das Horror- bzw. Mysterygenre vorgewagt hat, sollte man als Leser dennoch bedenken, dass ein Buch von knapp 250 Seiten vollkommen anders aufgebaut sein wird als die 1500-Seiten-Schwarten von Stephen King oder John Connolly. Ich denke nicht, dass Fitzek das Horrorgenre neu erfinden, sondern dass er einfach mal etwas anderes ausprobieren und sich vielleicht besser in Rhode hineinversetzen wollte. Mein Interesse war damit auf jeden Fall geweckt :)

Auch die Umsetzung der Idee ist definitiv erwähnenswert: Wir erleben die Geschichte aus der Sicht von Simon, inzwischen im fortgeschrittenem Alter, der sich auf einer psychiatrischen Klinik befindet und auf Anweisung seines Arztes in einer Art Tagebuch aufschreiben soll, wie seine Kindheit vor vielen Jahren auf grausame Weise beendet wurde. Fortan gliedert sich die Geschichte in eine Vielzahl von kurzen Kapiteln, die ich jedoch gar nicht richtig wahrgenommen habe, weil ich nur über die Seiten geflogen bin und das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Zwar passiert am Anfang noch nicht viel, was als gruselig oder unheimlich zu verbuchen wäre, doch gerade dieser langsame Aufbau der düsteren Atmosphäre hatte mir unglaublich gut gefallen. Ich liebe gute Horrorgeschichten, egal ob tiefgründig oder kurz und knackig, solange der Horror subtil ist und nicht splattermäßig rüberkommt. Deswegen traf dieser Roman genau meinen Geschmack, indem zwar von Anfang an angedeutet wird, dass Simon und seine Familie etwas Unheimliches erwartet, doch wie sich dieses "Böse" manifestiert, bleibt eine ganze Weile offen. Das ließ mir und meiner Fantasie genügend Raum für Spekulationen (und bescherte mir eine sehr unruhige Nacht).
Übrigens: Was es genau mit dieser im Titel erwähnten "Blutschule" auf sich hat, solltet ihr selbst herausfinden. Der Klappentext verrät dazu leider schon sehr viel, also lasst ihn einfach weg, wenn es sich vermeiden lässt und beginnt direkt mit der Geschichte. Es lohnt sich ;)

Auch wenn ich mich teilweise auf Fitzeks Gedankespielerei einließ und mir vorstellte, dass dieses Buch Max Rhode veröffentlicht hatte, der laut der Inhaltsangabe von "Das Joshua Profil" bald ein Verbrechen begehen würde, kam an einigen Stellen ganz klar der für Fitzek so typische Schreibstil durch. Besonders die Sprache seiner Protagonisten ist, nun ja, stellenweise sehr kaltschnäuzig und ungehobelt, hat aber zum Stil der Geschichte sehr gut gepasst. Und obwohl das Buch nur so kurz ausfiel, wurden die Hauptpersonen sehr markant und authentisch dargestellt, auch wenn die Komparsen demgegenüber etwas blass wirkten.

Was den Schreibstil betrifft, kann ich mich ebenfalls nicht beschweren: Anschauliche, aber nicht zu üppige Beschreibungen, kurze Sätze und - was mir bei Fitzek schon oft aufgefallen ist und ich inzwischen ganz lustig finde - seine Ankündigungen, dass gleich etwas ganz Schlimmes passieren wird. In "Der Nachtwandler" hat er es für meinen Geschmack damit etwas übertrieben, zum Glück hielt sich Rhode jedoch damit etwas zurück, was letztlich auch den Lesefluss angenehmer gestaltete.

So, nachdem ich jetzt viele positive Aspekte genannt habe, möchte ich nun noch auf einen Punkt hinweisen, den ich leider nicht nachvollziehen konnte: Den Preis. Zwar war "Die Blutschule" für mich ein schönes Leseerlebnis, aber das rechtfertigt nicht einen Preis von 12,99€ für die Taschenbuch-Ausgabe. Ich möchte nicht kleinkariert klingen, aber in der Regel kosten "normale" Taschenbücher eben nicht mehr als 9,99€ und ich verstehe nicht, warum für diesen Roman noch einmal 3€ zusätzlich veranschlagt werden mussten.
Gut, dass ich mit dieser Meinung nicht alleine war. So schrieb Fitzek diesbezüglich auf seiner Facebook-Seite am 20. Oktober 2015:

Hallo,
einige Leser monieren den zu hohen Preis für Max Rhodes "Die Blutschule", und im ersten Moment hatte ich Verständnis für die Kritik. Tatsächlich ist das Werk von der Länge her eher kein Historien-Schinken und hätte sicher auch als Taschenbuch für 9,99 Euro verkauft werden können. Oder billiger. Ich habe also den Verlag angerufen und gefragt, weshalb die das Quality-Paperback-Format gewählt haben. Und die Antwort, die ich bekam, fand ich wiederum auch sehr vernünftig: Viele Buchhändlerinnen und Buchhändler ärgern sich schon lange darüber, dass Bücher zu billig sind. Das Argument: Kaum jemand nimmt noch Anstoß daran, für eine Konzertkarte 60 Euro zu bezahlen (oder noch mehr), was zu einer Gage der Künstler von mehreren 100.000 Euro pro Abend führt, wenn z.B. die Waldbühne ausverkauft ist. Aber Bücher, deren Halbwertzeit die eines Konzertes in der Regel um Längen schlagen, sollen für weniger Geld über den Ladentisch gehen, als man für eine zehnminütige Taxifahrt hinlegen muss. Obwohl man nach dem Kauf, zumindest bei gedruckten Werken, sogar noch etwas in der Hand hat, das man weiterreichen, manchmal sogar wiederverkaufen kann. Obwohl überall Buchhandlungen sterben, Ladenflächen verkleinert und Beschäftigte entlassen werden. Natürlich kann man jetzt sagen, dass gerade Bestsellerautoren, selbst wenn sie unter Pseudonym schreiben, doch gut auf höhere Preise verzichten könnten. Aber um einen Newcomer durchzusetzen benötigt man eine große Marketingkampagne. Und die finanziert sich nicht oder nur sehr schwer über ein Taschenbuch. Wie aber soll ein Newcomer hohe Paperback-Preise rechtfertigen, wenn selbst Bestsellerautoren ihre Bücher, egal in welcher Länge, zu niedrigsten Preisen anbieten?Soweit die beiden Seiten, und wie immer ist man als empathischer Schriftsteller in der Zwickmühle. Als Verlage und Buchhändler mich baten, für "Das Joshua-Profil" die Preise um mehrere Euro anzuheben habe ich mein Veto eingelegt. Max Rhode hat über das Paperback und den höheren Preis für "Die Blutschule" ehrlich gesagt gar nicht nachgedacht, versteht im Nachhinein aber die Preispolitik des Verlags.Denn "Die Blutschule" ist ein eigenständiges Buch und kein Marketing-Gag wie manche befürchten. Für einen 250-Seiten-Gag wäre Max nämlich viel zu faul. Richtig aber ist: Auf dem Werk dürfte nicht "Thriller" stehen, zumindest nicht ohne den Zusatz "Horror". Oder schlicht "Roman". Hier hat der Verlag zugesagt, das so schnell als möglich für Folgeauflagen zu ändern, damit keine falschen Erwartungen geweckt und dann enttäuscht werden. Vielen Dank für Eure Hinweise, Euer Lob und Eure Kritik, die ich mir stets sehr zu Herzen nehme!
Euer Sebastian



"Die Blutschule" ist eine schöne, spannende und teilweise sehr unheimliche und gruselige Kurzgeschichte, mit der man als Fan von Fitzek definitiv einige gute Lesestunden verbringen kann. Man sollte für den Preis keine zu tiefgründigen Ausschweifungen erwarten, aber das Ergebnis dieses "Perspektivenwechsels" kann sich durchaus sehen lassen und mit anderen Horror-Kurzgeschichten mithalten.
Ich gebe diesem Buch deswegen vier von fünf Sternen.

★ ★ ★ ★ ☆

Bis bald,

4 Kommentare:

  1. Hallo Bianca,

    ja, das hört sich nach einem lesenswerten Buch an. Früher oder später schaue ich es mir sicher näher an.

    Liebe Grüße,
    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      mir hat es auf jeden Fall sehr gut gefallen. Und du wirst es wahrscheinlich an einem Abend gelesen haben ;D

      Liebe Grüße,
      Bianca

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  2. Hei c:

    Ein toller Roman, der mich bei dieser tollen Rezi nahezu magisch anzieht.
    Eigentlich sind gruselige, schaurige Bücher ja nicht so meins, aber "Die Blutschule" klingt echt interessant! Auch den Kommentar von Sebastian Fitzek dazu finde ich echt gut, vor allem da er einfach Recht hat.

    Ganz viele liebe Grüße, Michelle ☼♥

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    1. Hallo Michelle,

      vielen lieben Dank für deine netten Worte :D Ich freue mich, dass dir meine Rezension gefallen und dich auf den Roman neugierig gemacht hat. Es liest sich wirklich sehr schnell und hinterlässt dennoch einen bleibenden Eindruck. Ich fand es auch gut, dass Fitzek selbst Stellung zum Preis bezogen und sich darüber informiert hat. Das macht ihn für mich sehr sympathisch :)

      Viele Grüße,
      Bianca

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